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Offener Brief: Forderung einer klaren institutionellen und künstlerischen Position hinsichtlich des Engagements von Anna Netrebko

Sehr geehrter Herr Matthias Schulz Sehr geehrte Direktionsmitglieder des Opernhauses Zürich

 

Wir schreiben Ihnen, um unsere Besorgnis zum Ausdruck zu bringen und eine mögliche Lösung hinsichtlich der kürzlich getroffenen Entscheidung vorzuschlagen, die Sopranistin Anna Netrebko für „La forza del destino“ in der Saison 2025/26 zu engagieren. In Ihrem jüngsten Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung (16. Oktober 2025) betonen Sie, dass Künstler:innen nicht als „Sündenböcke“ für das Geschehen in der Politik benutzt werden dürfen und dass Ihre Entscheidung in erster Linie eine „künstlerische“ sei. Wir anerkennen und respektieren diese Sichtweise. Wir sind jedoch auch der Überzeugung, dass im Kontext des seit mehr als dreieinhalb Jahren andauernden umfassenden Krieges Russlands gegen die Ukraine die symbolische Bedeutung solcher künstlerischer Entscheidungen nicht von ihrer politischen und ethischen Wirkung getrennt werden kann, insbesondere wenn keine klaren und eindeutigen Stellungnahmen abgegeben werden.

 

Anna Netrebkos frühere Handlungen – darunter ihre öffentliche Unterstützung für Wladimir Putin in den Jahren 2012 und 2018, sowie ihre Spende im Jahr 2014 an das Opernhaus in Donezk, das damals unter der Kontrolle pro-russischer Separatisten stand – haben ihr öffentliches Image nachhaltig geprägt. Zwar hat sie inzwischen erklärt, dass sie „den Krieg gegen die Ukraine ausdrücklich verurteilt“ und „mit keinem politischen Führer liiert ist“ (Deutsche Welle, 2022), doch wurden diese zwar erfreulichen Bekundungen nicht von einer klaren und unmissverständlichen Abkehr von ihren früheren Unterstützungshandlungen für ein Regime begleitet, das für Aggression und Massenmorde verantwortlich ist. Derzeit haben zahlreiche Künstler:innen aufgrund ihrer politischen Überzeugungen die Möglichkeit verloren, in Russland aufzutreten. Gleichzeitig kann selbst ein harmloser Auftritt eines unliebsamen Künstlers, wie das Singen eines einfachen Liedes auf den Strassen von Sankt Petersburg, zu einer Verhaftung führen. Inzwischen haben unzählige ukrainische Künstler:innen nicht nur ihre Arbeit, sondern auch ihr Zuhause und in einigen Fällen sogar ihr Leben verloren, da Kulturhäuser im andauernden Krieg zerstört wurden. Viele wurden ins Exil getrieben und kämpfen darum, ihre kreative Arbeit im Ausland fortzusetzen, während sie mit ansehen müssen, wie ihr kulturelles Erbe in ihrer Heimat ausgelöscht wird.

 

Frau Netrebko ist zu einem Symbol für das geworden, was oft als „Regimekultur“ bezeichnet wird – ein System, in dem gefeierte Künstler durch ihre Prominenz autoritären Machthabern Legitimität verleihen. Wie ukrainische Vertreter:innen in der Schweiz festgestellt haben, ist die Präsenz von Netrebko auf der Bühne ein klares Indiz für wachsende Verbindungen zum russischen Staat. Dieses offenkundige Desinteresse am Ruf von Institutionen ist zutiefst beunruhigend. Einer solchen Künstlerin eine der renommiertesten Bühnen Europas zu gewähren, ohne einen transparenten Dialog oder eine erneuerte, unzweideutige Stellungnahme ihrerseits, birgt die Gefahr, die Werte der Menschenwürde, Gerechtigkeit und des Friedens zu untergraben, für die europäische Kulturinstitutionen eigentlich eintreten sollten.

 

Wir fordern daher das Opernhaus Zürich höflich auf:

  1. Verlangen Sie von Frau Netrebko eine klare, öffentliche und eindeutige Stellungnahme, in der sie den Krieg Russlands gegen die Ukraine verurteilt und die symbolische Tragweite ihrer früheren Handlungen anerkennt. Wir als Verein sind gern bereit, den Dialog mit Schweizer Journalist:innen für ein ausführliches Interview zu ermöglichen.

  2. Ergänzend dazu sollte ein konkreter humanitärer Schritt erfolgen – beispielsweise die Spende eines Teils der Einnahmen aus ihren Auftritten an eine ukrainische Stiftung, die vom Krieg betroffene Kinder und ukrainische Künstl:inner im Exil unterstützt, oder an Initiativen, die Opfern politischer Unterdrückung in Russland helfen, oder an eine Kombination dieser Zwecke.

  3. Stellen Sie sicher, dass künftige Engagements von Künstler:innen aus dem russischen Kulturkreis von transparenten ethischen Standards geleitet werden, die künstlerische Freiheit und moralische Verantwortung in Einklang bringen.

 

Sollte Frau Netrebko keine dieser Massnahmen ergreifen, fordern wir die Absage ihrer Auftritte im Opernhaus.

 

Wir sind fest davon überzeugt, dass künstlerische Exzellenz und ethische Klarheit keine gegensätzlichen Prinzipien sind – sie sind vielmehr die Grundlage einer wahrhaft freien und humanen Kultur.

 

Wir sind Vertreter:innen der russischen Gemeinschaft in der Schweiz, und Frau Netrebkos Auftritt in Zürich ist für uns zutiefst schmerzlich. Sie verkörpert nicht die Werte und Integrität, die wir uns von jemandem wünschen, der unser Land auf der Opernbühne repräsentiert.

 

Wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit in dieser Angelegenheit.

 

Mit freundlichen Grüssen

Der Vorstand des Vereins Russland der Zukunft – Schweiz


 
 
 

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